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Reisebericht

Mit den Rennrädern von Plößberg in die Hohe Tatra, Slowakei vom 31.08.2008 bis 04.09.2008

 

Bereits im Januar diesen Jahres wurde die „Hohe Tatra“ als Ziel der diesjährigen Radtour gewählt. Die Strecke verlief auf für uns fast unbekanntem Terrain. Zunächst wurde die die Tour geplant. Sie sollte mitten durch Tschechien, auf dem kürzesten Weg in die Slowakei, Hohe Tatra, führen. Tagesetappe nicht unter 200 Km, was wir dann auch schafften.

So entschloss sich eine Gruppe von sechs Personen diese Tour in Angriff zu nehmen.

 

An einem spätsommerlichen Sonntag Morgen um 6.00 Uhr war Abfahrt in Plößberg. Dazu trafen sich Markus Preisinger, Thomas Wittmann, Wolfgang Gollwitzer, Wolfgang Söllner und Lothar Müller. Die sechste Person, Hans Schmidkonz, fuhr etwas voraus und wartete auf die Gruppe, oben am Steinberg bei Bärnau beim Grenzübergang.

 

Es zeigte sich schon zu Beginn der Tour, das starker Ostwind, also permanenter Gegenwind herrscht. Bis zur Grenze ging es bergauf und allen wurde warm. Danach kam eine längere Abfahrt und die Temperatur wurde fast schmerzhaft deutlich geringer, so dass wir doch etwas froren. Nach Tachov (Tachau) begleitete uns über Kladruby (Kladrau) bis nach Stod der Radlerkollege Franz Kalz aus Stadlern. Danach ging es südlich an Pilzen vorbei und überquerten Brdská vrchovina (deutsch etwa Bridy-Bergland) ein Gebirge in Tschechien. Es erstreckt sich auf 827 km² von Prag bis östlich von Pilsen. Ein großer Teil des Gebirges - vor allem Zentralbrdy - ist ein Teil des Truppenübungsplatzes Brdy, den wir südlich tangierten. Weiter über Rožmitál pod Třemšínem (deutsch Rosenthal) und Breznice ging es über den Stausee Orlik, der wenigstens einmal eine landschaftliche Abwechslung bot. Auf der relativ hoch gelegenen Brücke über dem Stausee, sah man teilweise imposante Felsen am Ufer. Aufgrund der Länge von ca. 20 Kilometer und der Windungen ist weder Anfang noch Ende dieses Sees von der Brücke einsehbar. Für ein paar Fotos machten wir natürlich halt.

Die ersten eineinhalb Tage waren von einem fast immer gleich gearteten Landschaftsbild geprägt. Es ging zwischen großen landwirtschaftlich genutzten Flächen immer etwas bergauf und bergab, was mittlerweile relativ eintönig wurde. Dazu kam noch der Gegenwind, was die Sache nicht einfacher machte. Dieses Streckenprofil, der Gegenwind, auch die etwas zu hohe Geschwindigkeit und der Zeitplan für die noch vor uns liegende Strecke veranlassten Hans Schmidkonz, kurz nach Mittag des ersten Tages umzukehren und dann mit Rückenwind und Eisenbahn wieder nach Plößberg zurückzukehren. Er schaffte immerhin 215 Km an diesem Tag. Wir fuhren weiter Richtung Osten. Bei der letzten Pause in der Stadt Milevsko verloren wir Markus Preisinger. Man sollte meinen, dass so was nicht passiert, aber jeden Tag wird man schlauer. Ihm ist die Kette ausgesprungen und wir sind abgebogen. Relativ schnell hatten wir wieder zueinander gefunden. Am Ende dieses Radlertages, bei dem wir uns in Südböhmen befanden, fuhren wir noch durch die Stadt Tabor, eine Hochburg der Hussitenbewegung und beendeten um ca. 19.00 Uhr im schönen Pelhřimov (deutsch Pilgrams), eine Stadt in Südböhmen, mit ca. 17.000 Einwohnern, unsere erste Tagesetappe nach gut 260 Kilometer. Am gepflegten Marktplatz fanden wir sofort eine Unterkunft. Trotz des schönen Marktplatzes, des schönen Wetters und der Tatsache, dass es Sonntag war, herrschte nur wenig Leben in diesem Stadtmittelpunkt. (Fahrzeit: 10.12.29 Std./Min./Sec., Km 262,33, max. 63,3 Km/h, Schnitt 25,7 Km/h)

 

Am zweiten Tag begann die Tour nach dem Frühstück um ca. 8.00 Uhr. Aufgrund der jetzt vorherrschenden Windverhältnisse wussten wir wenigstens, dass der Gegenwind am ersten Tag ja gar nicht so schlimm war. Am ersten Tag waren wir froh und lächelten, es könnte ja noch schlimmer kommen. Am zweiten Tag kam es schlimmer. Die Landschaft glich der Landschaft am ersten Tag.

Dann kam etwas Abwechslung in die Tour. Kurz nach der uralten Bergbaustadt Jihlava, bei der Durchfahrt hatten wir uns etwas verfranst, folgte eine Umleitung. Wir waren nicht sicher, wie es weitergehen sollte, da rumpelte es plötzlich im Fahrerfeld. Markus Preisinger hatte Wolfgang Söllner umgefahren. Beide lagen auf der Straße und jammerten. Wir waren sehr langsam dran und die Verletzungen hielten sich in Grenzen. Beide jammerten etwas und wollten gar nicht mehr aufstehen. Vielleicht war es auch etwas Müdigkeit. Weniger später hatten wir dann ein größeres Problem. Wahrscheinlich die Folge des Unfalls war es, dass das Schaltwerk von Wolfgang Söllner brach und sich in den Speichen des Hinterrades verdrehte. Das Schaltwerk wurde sehr in Mitleidenschaft gezogen und auch das Hinterrad lief nicht mehr ganz rund. Ein paar zufällig in der nähe tätigen Bauarbeiter waren uns behilflich. Sprachlich konnten wir uns nur schlecht verständigen, aber jeder sah, was los war. Einer der Arbeiter hatte wohl schon im Sinn, das Schaltwerk wieder anzuschweißen, was von uns wegen des Alurahmens aber abgelehnt wurde. Nach einigem hin und her, hat dann ein Bauarbeiter Wolfgang Söllner samt Rad in die nächste auf unserer Route gelegenen Stadt Velké Meziříčí (deutsch Groß Meseritsch) zu einem Fahrradgeschäft gefahren. Dort gab es zwar keine Originalersatzteile, aber mit etwas Improvisationsgeschick des Mechanikers und viel Zeit wurde das Fahrrad wieder reisetauglich hergerichtet. Trotz der Panne, die uns rund drei Stunden Zeit gekostet hat, schafften wir an diesem Tag 210 Km. Auch wurde am Nachmittag die Gegend etwas interessanter und abwechslungsreicher. So hatten wir eine wunderschöne und relativ lange Abfahrt vor Tišnov (deutsch Tischnowitz), eine Stadt, die sich 20 Kilometer nordwestlich des Stadtzentrums von Brno (Brünn) befindet. Den Tag beendeten wir mit einer schnellen Etappe über gut 30 Km von Vyškov (deutsch Wischau, Südmähren) nach Kroměříž (deutsch Kremsier, Ostmähren). Aufgrund des relativ flachen Geländes und günstigerer Windverhältnisse schafften wir diesen Abschnitt in rund einer Stunde. Kroměříž hat etwa 30.000 Einwohner. 1997 wurde Kremsier, dessen Stadtzentrum unter Denkmalschutz steht, zur schönsten historischen Stadt Tschechiens gewählt. Wegen seiner historischen, kulturellen und politischen Bedeutung trug es den Beinamen „Athen der Hanna-Region“.

An diesem Tag beendeten wir um 19.35 Uhr unsere Tagesetappe. Es wurde schon bald dunkel. Je weiter östlich wir kamen, umso eher wurde es Nacht. Die Zimmersuche war etwas anstrengender. Wir wurden einige male abgewiesen, nach dem wir die Frage, ob wir gebucht hätten, verneinen mussten. Irgendjemand der bisher angefragten Zimmervermieter gab uns dann einen Tipp, der auch zum Erfolg führte.

(Daten ab Tourbeginn am Ende des zweiten Tages: Fahrzeit 18.25.51 Std./Min./Sec, 472,80 Km, max. 63,8 Km/h Schnitt 25,6 Km/h)

 

Der dritte Tag, an dem wir um 7.30 Uhr starteten, war doch eher als bergig einzustufen. So hatten wir vier lange Anstiege und Abfahrten zu bewältigen. Nach Bystřice ging es dann in ins Gebirge Javorníky, die Weißen Karpaten. Gegen Mittag überquerten wir die Grenze und kamen bei Makovske Seldo in die Slowakei. Die erste größere Stadt die wir in der Slowakei erreichten war Žilina (ca. 85.000 Einwohner). Nach dem Stadtkern fuhren wir mehrere Kilometer auf einer doppelspurigen Gewerbegebietserschließungsstraße, allerdings zu dieser Zeit ohne nennenswerten Verkehr. Die Straße war noch gar nicht in der Straßenkarte eingezeichnet, obwohl ich einen nagelneuen Plan hatte. Aufgrund der neu angesiedelten Betriebe konnte man den Eindruck gewinnen, dass hier eine rasante wirtschaftliche Entwicklung stattfindet.

Danach ging es bergig weiter in die Kleine Fatra (slowakisch Malá Fatra). Ein 55 Kilometer langes Gebirge im Nordwestteil der Slowakei, im Verlauf des Karpatenbogens. Kurz nach Ružomberok (deutsch Rosenberg) im dem kleinen Ort Bešeňová  beim Stausee Liptovská Mara beendeten wir unsere dritte Tagesetappe nach wiederum mehr als 200 Km (230 Km) und waren der Hohen Tatra bereits sehr nahe. (Daten ab Tourbeginn am Ende des dritten Tages: Fahrzeit 27.15.18 Std./Min./Sec, 701,09 Km, max. 73,2 Km/h Schnitt 25,7 Km/h)

 

Obwohl wir wussten, dass wir am vierten Tag lediglich ca. 100 Km zu bewältigen hatten, brachen wir um 7.15 Uhr ohne Frühstück auf. Das gab es erst nach Umfahrung des Stausees nach ca. 20 Kilometer in der Stadt Liptovský Mikuláš. Anschließend fuhren wir unserem Ziel entgegen. Die Hohe Tatra. Der Anstieg zur Höhenstraße war sehr lang, aber auch sehr moderat. Zunächst ging es in der Hohen Tatra durch bewaldete Gebiete. Man sah zunächst weder die Berge, noch konnte man ins Tal hinabblicken. Doch plötzlich änderte sich alles. Zig-Hektar-weise war der Wald anscheinend mehreren Faktoren zum Opfer gefallen. Im bewaldeten Gebiet war teilweise „Waldsterben“, aus welchen Gründen auch immer zu sehen. Weitere Gründe für das komplett waldfreie Gebiet lieferten einige Bilder, die in einem Cafe hingen, in dem wir unsere letzte Rast machten. Die Bilder in diesem Cafe in Starý Smokovec (deutsch Altschmecks) zeugten von schweren Stürmen und auch von Bränden. Ein Orkan hat am 19. November 2004 fast die Hälfte aller Bäume auf der slowakischen Seite der Hohen Tatra zerstört. Die Schneise der Verwüstung ist 3 Kilometer breit und 50 Kilometer lang. Man schätzt die Größe der zerstörten Fläche auf 46.000 Hektar. Durch die ungewollte „Abholzung“ drohen nun nach Regenfällen und Schneeschmelzen Überschwemmungen und Erdrutsche sowie in den noch nicht bereinigten bzw. geschädigten Flächen eine starke Vermehrung von Borkenkäfern. Starý Smokovec liegt in 1.010 m n.m. am südlichen Abhang der Slavkovský štit (Schlagendorfer Spitze) in der Hohen Tatra. Starý Smokovec ist das älteste und bedeutendste touristische Erholungszentrum der Hohen Tatra.

 

Die Hohe Tatra bietet ein alpenähnliches Panorama mit Hochgebirgsrelief und vereinzelten Schneefeldern. Ungewöhnlich ist die Anordnung der höchsten Gipfel am (südlichen) Außenrand – entgegen dem Alpenpanorama. Sie wird oft – obwohl es sich eigentlich nur um ein Teilgebirge handelt – als das (flächenmäßig, keineswegs jedoch höhenmäßig) „kleinste Hochgebirge der Welt“ bezeichnet. Der Hauptkamm der Hohen Tatra ist „nur“ 27 km lang. Das Gebirge bietet dennoch eine Überfülle an Naturschönheiten und touristischen Möglichkeiten (Wanderungen, Klettertouren, Skihochtouren, Pistenstandorte, zahlreiche Kur- und Erholungsorte). Die höchsten Erhebungen sind der Gerlachovský štít (Gerlsdorfer Spitze) mit 2.655 m – zugleich der höchste Berg der Slowakei und der gesamten Karpaten – der Gerlachovská veža (Gerlsdorfer Turm) mit 2.642 m, der Lomnický štít (Lomnitzer Spitze) mit 2.632 m und der Ľadový štít (Eistaler Spitze) mit 2.627 m

 

In Starý Smokovec war für uns die die Tour so gut wie beendet. Wir mussten nur noch ca. 13 Km bergab fahren, um Poprad zu erreichen. Von dort aus fuhren wir mit dem Zug bis nach Eger/Cheb zurück.

 

Den schönen, warmen und sonnigen Nachmittag verbrachten wir in der sehr gepflegten Innenstadt von Poprad. Mit dem Abschlussnachmittag waren wir alle mit unserer Tour zufrieden. Waren es doch gut 800 Km, die wir in dreieinhalb Tagen zurücklegten, bei immer schönem Wetter, abgesehen vom anfänglichen Gegenwind.

Sicher findet man dort kaum Radwege, so wie bei uns, aber die Straßenverhältnisse waren in Ordnung. Außer der technischen Panne, nach dem Zusammenstoß von Markus und Wolfgang hatten wir überhaupt keine Probleme.

Problematischer war allerdings die Rückfahrt mit dem Zug. Das Buchen der Tickets für Liegewagen und Fahrradtransport in Poprad war schnell, einfach und günstig. Wir wurden freundlich bedient. Allerdings verbrachten wir dann nicht wie geplant 12 sondern 17 Stund im Zug. Und mit dem Fahrradtransport ab Prag hatten wir dann auch noch Schwierigkeiten. Trotzdem sind aber alle incl. den Rennrädern wohlbehalten nach Hause zurückgekehrt. Insgesamt war es schon ein kleines Abenteuer, aber nichts, was nicht zu bewältigen gewesen wäre.